Der tiefere Zusammenhang zwischen Schmerz, Leid und Erwartungen
Eine tiefe, buddhistische Weisheit besagt:
Schmerz ist unvermeidbar.
Leiden ist freiwillig.
Das Leben ist Schmerz.
Schmerzfreiheit existiert nur im Himmel.
Doch im Himmel haben wir keinen Körper.
Im Himmel sind wir reine Liebe, reine Energie.
Inkarnation ist Schmerz.
Nur im Himmel gibt es keinen Schmerz.
In einem Körper inkarniert zu sein, bedeutet Schmerz.
Unser Körper hat Bedürfnisse.
Unser Körper muss essen und trinken.
Unser Körper braucht Schutz und ein sicheres Dach über dem Kopf. Unser Körper wird geboren und wird sterben.
Geburt und Tod gehen beide mit großem Schmerz einher.
Unsere Seele im Himmel kennt keinen Schmerz.
Unsere Seele ist Liebe, Freude, Frieden und Licht.
Schmerz zu erfahren ist für unsere Seele das größte Abenteuer, das es gibt.
Weil die Seele selbst keinen Schmerz kennt.
Schmerz „ist mal etwas anderes“.
Schmerz ist die wichtigste Erfahrung unserer Seele.
Um Schmerz erfahren zu können, muss die feinstofflich-formlose Seele in einen feststofflichen Körper inkarnieren. Allein die Enge und Begrenztheit eines Körpers ist schon Schmerz.
Während für unsere Seele also Schmerz „das Größte und Schönste ist, was es gibt“ (weil unsere Seele aus sich selbst heraus Schmerz nicht kennt), ist Schmerz für uns als Mensch, für unseren Körper und für unser Ego echt sehr schmerzhaft, furchtbar, schrecklich und schlimm.
Und so will die Seele Schmerz, weil sie Schmerz nicht kennt.
Und so tut unser Ego alles dafür, Schmerz zu verhindern und zu vermeiden - und verursacht ihn gleichzeitig.
Denn diese Schöpfung ist nun mal so gestrickt, dass unser Ego mit all seinem Schmerz-Vermeidungs-Verhalten und seinen Schmerz-Verhinderungs-Strategien unbewusst nur immer noch mehr Schmerz erzeugt – ganz zur Freude unserer Seele, die ja selbst Schmerz nicht fühlen kann, weil sie „Nichts“ ist.
Nur ein Körper kann Schmerzen fühlen
Nur ein Körper ist in der Lage, Schmerzen zu fühlen.
Nur „etwas“ kann weh tun.
Nur Formen können schmerzen.
Und auch Gedanken, Vorstellungen und Erwartungen, die enttäuscht werden, sind solche Gedanken-Formen, die uns schmerzen, wenn sie zerplatzen und sich in Luft auflösen.
Schmerz zu erfahren ist also DAS Abenteuer unserer Seele.
Schmerz ist unvermeidbar.
Leiden ist freiwillig.
Wir leiden immer dann, wenn wir uns mit unseren Schmerzen identifizieren. Wir fühlen Leid, wenn wir mit unseren Schmerzen hadern. Wir leiden, wenn wir uns über unsere Schmerzen ärgern. Wir leiden, wenn wir unsere Schmerzen weg haben wollen. Wir leiden, wenn wir sauer sind, dass etwas weh tut. Wir leiden, wenn wir „Nein“ sagen zum Schmerz.
Es gibt auch Situationen, in denen sagen wir „Ja“ zum Schmerz.
Schmerz kann uns auch stimulieren und zu Höchstleistungen anspornen.
Einige Menschen lieben gewisse Sexual-Praktiken oder Verhaltensweisen, bei denen sie sich gegenseitig Schmerz zufügen und dies als stimulierend und lustvoll empfinden. Und auch jeder Extremsportler liebt den Schmerz. Ob Marathonläufer oder Bergsteiger, Freeclimber oder Rennfahrer, Gewichtheber oder Footballspieler, Fußballprofi oder Tennisprofi, sie alle lieben den Schmerz und nutzen ihn für ihre Motivation, zu ihrem Ansporn, um noch besser zu werden und um ihre Ziele zu erreichen.
Und auch Akrobaten, Kunstturner, Seiltänzer, Ballerinas und sogar Musiker und Künstler arbeiten hart, gehen in und durch den Schmerz und wachsen über ihre Schmerzen hinaus und fühlen sich hinterher großartig.
Schmerz ist also nicht gleich Schmerz, sondern Schmerz kann uns leiden lassen oder unsere Leidenschaft entfachen und uns zu Extrem- und Höchstleistungen anstacheln.
Schmerz kann uns helfen, uns nach innen zu fokussieren.
Wer Yoga macht oder in Indien meditiert, nutzt den Schmerz sogar ganz gezielt für seine Fokussierung nach innen, für ein „bei sich selbst sein“, für die Konzentration auf sich selbst, für ein „den Gedanken des Alltags entfliehen“ und endlich bei sich selbst ankommen. All diejenigen Menschen, die Schmerz in positiver Art und Weise für sich nutzen, schlagen Profit (einen persönlichen Gewinn) aus der Fähigkeit, Schmerzen fühlen zu können.
Wenn wir leiden fühlen wir uns als Opfer.
Menschen, die ihre Schmerzen nicht für ihre Ziele nutzen, fühlen sich als Opfer. Sie leiden unter ihren Schmerzen. Sie haben nicht erkannt, welche Ziele das Leben ihnen vor die Nase hält, die als nächstes zu erreichen sind. Indem wir in unserem gewohnten Alltagstrott verbleiben, unseren Gewohnheiten weiter folgen und immer nur das machen, was wir schon kennen, findet keine Entwicklung statt. Die Evolution bleibt auf der Strecke. Wir wachsen nicht über uns hinaus.
Hiermit ist das Leben überhaupt nicht einverstanden, deswegen zeigt es uns den Weg, den wir gehen sollen. Wie? – Mit Schmerzen.
Stellvertretender Leidensdruck.
Sehr häufig leiden wir unter dem Leid der anderen. Wenn wir empathisch wahrnehmen und mit ansehen müssen, wie andere Menschen sich quälen und unter ihren eigenen Glaubenssätzen, inneren Blockaden, frühkindlichen Prägungen, Konditionierungen und ihrer Bequemlichkeit, Faulheit und Trägheit leiden – und einfach nicht in die Pötte kommen – dann kann uns dies den letzten Nerv rauben.
Wir leiden mit dem anderen mit. Wir sehen das Leid des anderen und leiden selbst darunter. Wir können das Elend des anderen kaum länger mit ansehen.
Und jetzt können wir eine sehr interessante Erkenntnis gewinnen:
Schmerzen allein sind noch kein Grund zur Trauer.
Schmerzen allein sind noch kein Grund für Leid.
Schmerzen allein sind noch kein Grund für Veränderung.
Wie gesagt: Wenn der andere „Ja“ sagt zu seinen Schmerzen und sie sogar genießt und für sich sinnvoll nutzt, dann ist ja alles ok. Wenn der andere „Ja“ sagt zu seinen Schmerzen, zu all den Anstrengungen und zu dem Mühsal, dass er/sie auf sich nimmt, dann leidet er/sie nicht und dann leiden auch wir nicht.
Leid entsteht erst in dem Moment, wenn jemand „Nein“ sagt zu seinen/ihren Schmerzen. Leid entsteht immer dann, wenn wir oder jemand anders die Schmerzen nicht haben wollen, ablehnen und verneinen.
Aus Leid resultieren Erwartungen.
Und wenn wir in unserem Umfeld mit einem Menschen zusammenleben, der/die „Nein“ sagt zu seinen/ihren Schmerzen, dann fühlen wir sein/ihr Leid und nehmen diese Energie von Leiden empathisch in uns auf. Und prompt leiden wir mit dem anderen mit. Prompt verspüren wir in uns selbst ein Leiden. Wir leiden unter einem stellvertretenden Leidensdruck.
Und weil wir nicht leiden wollen, deswegen versuchen wir dann, den anderen zu verändern und reden auf ihn/sie ein. Er/sie soll endlich etwas anders machen im Leben. Warum? – Damit WIR nicht mehr mitleiden müssen, wenn der andere leidet.
Der andere soll sich ändern, damit wir das Leid des anderen nicht länger mit ansehen müssen. Es geht uns also gar nicht um das Wohlergehen des anderen, sondern um unser eigenes Wohlergehen. Und dies ist ja auch vollkommen ok.
Der andere soll sich ändern, damit wir nicht mitleiden.
Wir reden also auf den anderen ein, was er/sie unserer Meinung nach anders oder besser machen kann/sollte. Wir haben Erwartungen. Wir haben vor allen Dingen die Erwartung, dass der/die andere endlich aufhört mit dieser Jammernummer und mit dem ewigen Leiden – damit wir selbst nicht mehr mitleiden müssen.
Und hier erkennen wir: Leid erzeugt Erwartungen.
Durch Leid entstehen Erwartungen.
Erwartungen entstehen immer genau an den Punkten, wo irgendjemand unter irgendetwas leidet. Jede Erwartung geht mit der Vorstellung einher, dass es besser sein sollte oder könnte.
Und jeder Erwartung liegt die Überzeugung/Grund-annahme zugrunde, dass wir selbst willentlich etwas zur Verbesserung der Situation beitragen könnten. Ja, wir glauben tatsächlich, dass WIR etwas verändern oder verbessern könnten. Und dies glauben wir ganz selbstverständlich.
Doch schauen wir uns das Elend dieses Lebens doch einmal an. Überall wo Menschen versucht haben, selbst etwas zu verbessern, wurde es zwar einerseits besser, anderseits jedoch noch wesentlich schlechter. Mit der Lösung eines kleinen Problems haben wir zugleich neue sehr viel neue, größere Probleme erschaffen. Und die sind noch viel schmerzhafter und leidvoller als das, was vorher da war.
Die Lösungen unseres Ego erschaffen immer neue, schmerzhafte Probleme. Unser Ego kann nur „verschlimmbessern“.
Wir brauchen uns hierzu nur das Thema Atommüllentsorgung anzuschauen oder Plastik-/Kunststoff-recyling oder Elektromobilität oder Energieerzeugung oder Digitalisierung oder die Maßnahmen in der C.-Krise oder was auch immer. Überall wo es leichter wird, wird es gleichzeitig um ein Vielfaches schwerer.
Mit der Lösung von Problemen erschaffen wir neue, größere Probleme. Mit dem Verhindern von Leid, erschaffen wir neues, größeres Leid.
Es wäre manchmal leichter, den Schmerz des Jetzt-Zustands zu erlauben, zu bejahen und zu fühlen als in weg zu machen und dann unter den noch gravierenderen Folgen zu leiden.
Wir haben die Erwartung, dass das Leben leicht sein soll.
Und irrwitziger Weise wird unser Leben durch unsere eigenen Erwartungen nur immer noch schwerer, schmerzhafter und leidvoller.
Erwartungen entspringen unseren Gedanken und Vorstellungen. Unser Ego hat sich ein Bild von dieser Welt gemacht und will ein schöneres, leichteres, schnelleres, bequemeres, komfortableres Leben. Und wir können anhand der Geschichte vom Fischer und seiner Frau erkennen, dass unser Ego immer mehr und mehr und mehr haben möchte – und am Ende dann doch wieder in seiner kleinen, ärmlichen Fischerhütte sitzt. So wird es allen Ego-Menschen ergehen, die Schmerz verneinen, Leid verhindern und alles besser machen wollen.
Wir können nun versuchen, unsererseits ein spiritueller Geist zu sein und unser Leben anders zu gestalten – nämlich gar nicht. Wir können einfach damit aufhören, zu glauben, dass wir mit unserem Ego-Verstand irgendetwas Gutes oder Sinnvolles erschaffen könnten. Das können wir nämlich nicht. Punkt.
Und dann?
Was nun?
Geist-Sein ist die Lösung all unserer Probleme.
Wir können Geist sein und wir können dem Leben erlauben, aus sich selbst heraus dasjenige zu erschaffen, was mit Herzensfeld-Intelligenz erschaffen wird. Wir tun hierbei nichts mehr willentlich selbst. Wir haben unser Ego ausgeschaltet. Unsere Gedanken und unser Verstand sind ganz still. Dafür bekommen unsere innere Stimme, unsere Intuition und unser Bauchgefühl jetzt das Sagen.
Künstler erschaffen ihre Kunstwerke auf diese Weise aus einer inneren Stille heraus. Es entsteht etwas aus dem Nichts heraus – aus dem Nichts des eigenen, inneren Himmels heraus. Immer wenn wir nicht denken und nicht nachdenken, sondern uns einfach hingeben und uns führen lassen, ist die Schöpfung am Werke und erschafft aus der Energie der Liebe heraus. Diese Schöpfungen sind schmerzfrei, wohltuend, anmutig und schön. Sie bereichern unser Leben in Freude und mit einem ihnen innerwohnenden Frieden.
Erwartungen, Ziele, Pläne, Vorhaben, Projekte, Vorstellungen – das sind alles Erschaffer-Methoden unseres Ego.
Unser Ego „will etwas“.
Hierin sind zwei „Fehler“ enthalten.
„Will“ und „etwas“.
„Wille“ und „Form“ erschaffen immer neue Probleme, Schmerz und Leid.
Unser Wille repräsentiert unsere Gedanken. Und unsere Gedanken sind kalt und abgetrennt von der universalen Liebe. Einzig die Liebe unseres Herzens ist warm. Diese Liebe ist frei von jeglichen Gedanken. Diese Liebe ist ein inneres Fühlen und Spüren.
Unser Ego will „etwas“. „Etwas“ ist die Ebene der Formen. Und alle Formen werden irgendwann wieder vergehen und sterben. Daher wohnt allen Formen schon bei ihrer Geburt die Energie von Abschied und Schmerz inne. Wenn wir als Ego uns dann auch noch mit den von uns selbst willentlich erschaffenen Formen identifizieren, dann ist der Schmerz noch um ein Vielfaches größer und wir leiden jämmerlich.
Und um das Leid zu kaschieren entwickeln wir dann zahllose Ausgleichsstrategien, Ersatzhandlungen und Kompensationstechniken. Wir haben die Erwartung, das Leid in den Griff zu bekommen – anstatt einfach den Schmerz bereitwillig und bejahend zu fühlen, ohne unter ihm zu leiden.
„Ja“ sagen zum Schmerz.
Wir können uns vom Leiden und von all unseren Erwartungen ziemlich schnell befreien, wenn wir „Ja“ sagen zum Schmerz.
Schmerz ist schmerzvoll.
Punkt.
Ja.
Es ist, wie es ist.
Ich fühle den Schmerz des Schmerzes.
Fertig.
Und ich gebe diesen Gefühlen jetzt in mir Raum und Zeit.
Sie dürfen jetzt da sein und in mir schwingen.
Wir brauchen mit dem Schmerz nichts zu machen, nichts zu tun. Er wird ganz von alleine wieder verschwinden und sich in Wohlgefallen auflösen, wenn wir ihn lange genug bejahend und bereitwillig gefühlt haben. Der Schmerz wird kein Dauergast bei uns sein. Er benutzt uns lediglich als Durchgangstür, als Fahrstuhl in den Himmel, als Lichtkanal ins Lichtportal, als Durch.
Wie sollte die Energie-Entität (die Energie-Wesenheit) von Schmerz anders zurück in den Himmel gelangen als durch uns?
Es geht nur durch uns.
Wir Menschen sind das Durch – der Lichtkanal ins Lichtportal.
Nur indem wir den Schmerz mit einem „Ja“ bereitwillig fühlen und in uns willkommen heißen, kann der Schmerz durch uns hindurch und weiter ins Licht. Das Bild der Transformationsfabrik aus dem Buch „Eine Neue Ordnung – Praxishandbuch zum spirituellen Erwachen“ ist da ganz hilfreich.
Wenn und solange wir „Nein“ sagen, kann kein Schmerz durch und hindurch. Mit unserem „Nein“ halten wir unsere Tür zu, verschlossen, abgeschlossen und die Energie von Schmerz sammelt sich vor unserer Haustür. Und wenn wir dann eines Tages doch unsere Tür aufmachen sollten, dann überrollt uns eine gewaltige Welle von angestautem Schmerz.
Wir bieten unseren Gefühlen und insbesondere der Energie-Entität von Schmerz ebenso keine Herberge wie in der Geschichte von Maria und Josef. Wir halten unsere Tür verschlossen und weisen unsere Gefühle und vor allem Schmerz ab. „Da im Stall ist ein guter Platz für Dich.“ Wir haben unsere Berufung, ein Durch, ein Fahrstuhl, ein Lichtkanal zu sein, nicht erkannt.
Deswegen ist dies Erde so verschmutzt und total zugemüllt, weil wir unsere Türen zuhalten und weil die Müllabfuhr den Seelenmüll und die verbrauchten, fertig gefühlten Formenergien nicht abtransportieren kann. Wir selbst sind diese Müllabfuhr. Wenn wir es nicht tun, tut es keiner.
Der Müll der Welt spiegelt uns den seelischen Müll im Energetischen.
All der Müll in dieser Welt spiegelt uns all den seelischen Müll im Energetischen. Wir denken zu viele Gedanken. Unsere Gedanken sind einfach nur Müll.
Was sinnvoll und lebensrettend ist, das sind unsere Intuition, unsere innere Stimme, unser Bauchgefühl, die Stimme unseres Herzens. Dies sind keine Gedanken, sondern es ist ein Spüren von dem, was jetzt dran ist und wichtig im Sinne des Großen Ganzen.
Schmerz ist unvermeidbar.
Leid entsteht einzig durch unser „Nein“.
Und wenn wir „Nein“ sagen, entstehen Erwartungen für ein „anders“.
Und all dies produziert neuen Müll.
„Ja“ sagen lässt die Liebe frei fließen und ermöglicht Heilung.
Gewöhnen wir also an, „Ja“ zum Schmerz zu sagen und dann die Füße still zu halten und uns auf das bereitwillige Fühlen des Schmerzes zu konzentrieren, damit er jetzt durch uns hindurch abfließen kann in den Himmel. Der Himmel beziehungsweise das Leben selbst kann dann erschaffen, was jetzt dran ist, erschaffen zu werden.
Und wenn das Leben uns und unseren Körper dazu benutzen möchte, dann bitte. Wir dienen dem Leben gerne und bereitwillig – frei von Gedanken, rein intuitiv.